Karl Schubert

Karl Schubert wurde am 25.11.1889 in Wien geboren (im Haus Zur Grünen Schlange, Josefstädter Str. 11). Mütterlicherseits jüdischer Herkunft, wurde er katholisch getauft und pflegte bis an sein Lebensende eine enge Beziehung zur katholischen Kirche. Er studierte in Wien (Gastsemester in Paris und London) Philosophie, Literatur und Geschichte. 1915 nahm er im polnischen Regiment am Krieg teil, lernte Polnisch und kam in russische Gefangenschaft, wo er als Dolmetscher eingesetzt wurde.

1920 bewarb er sich bei der Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik als Dolmetscher. Er wurde angestellt – allerdings nicht als Dolmetscher, sondern als Lehrer für Englisch und Französisch an der neu gegründeten Waldorfschule. Sehr bald erhielt er von Rudolf Steiner die Aufgabe, die Führung der neu eingerichteten „Hilfsklasse“ zu übernehmen. In dieser Klasse wurden täglich zwei Stunden lang die in ihren Jahrgangsklassen integrierten seelenpflegebedürftigen Schüler/innen unterrichtet.

Karl Schubert war der geborene Heilpädagoge. Er besaß ein außerordentlich feines, mitfühlendes Wahrnehmen für das, was im anderen Menschen vor sich geht. Mit der Kraft seiner starken Persönlichkeit und großer Wärme bemühte er sich darum, seine Schüler/innen „im Zentrum“ aufzuwecken.

Im Mai 1934 musste er die Waldorfschule seiner jüdischen Abstammung wegen verlassen – erhielt aber die Erlaubnis für einen privaten „Hilfsunterricht“. Als 1938 die Waldorfschule verboten wurde, übersah man diese Hilfsklasse, weil sie nicht mehr offiziell zur Schule gehörte. Karl Schubert unterrichtete also seine Schüler/innen weiter. Dies war sowohl für ihn, als auch für die Schüler, die als „unwert“ galten, ein gefährliches Unterfangen. Sooft es die Umstände erlaubten, wurden sie von ihren Eltern in die von Freunden zur Verfügung gestellte Privatwohnung zur „Schule“ gebracht. Was zum Unterricht notwendig war, brachte Karl Schubert in seinem Rucksack mit. In einer Atmosphäre starker Hoffnung und Liebe erzog Karl Schubert seine besonderen Schüler/innen. Man sagt von ihm, Karl Schubert habe die Waldorfpädagogik im Rucksack durch den Krieg getragen.

Karl Schubert starb am 3.2.1949 in Stuttgart.